Montag, 16. Aug. 21, 19:00 Uhr
Literaturhaus Basel
Kursdaten: Montag, 16.8./13.9./11.10./15.11.2021, jeweils 19–21 Uhr Anmeldung: Direkt über das Anmeldeformular oder über info@literaturhaus-basel.ch oder unter +41 (0)61 261 29 50 Kursleitung: Martina Kuoni (Literaturspur) Kosten: CHF 160/120 (Mitglieder LiteraturBasel*) Anmeldeschluss: Sonntag, 25. Juli 2021.
Vier Bücher – vier Varianten zum Thema Familie. Bleiben oder weggehen? Einen Neuanfang wagen? Dem persönlichen Glück oder der moralischen Verantwortung folgen? Die Figuren dieser aktuellen Romane treiben die gleichen Fragen um, die in der Literatur immer wieder aufs Neue verhandelt werden. Zum Aufbruch in etwas Unbekanntes gehört die Gegenbewegung: das Zurückgeworfen-werden auf sich selbst, die Befragung des eigenen Weges. In den vier Büchern begegnen wir mindestens so vielen Fragen wie Antworten und damit viel Stoff für den Austausch im Gespräch.
Montag, 16.8.2021
Im Roman «Eine Familie» von Pascale Kramer gerät das Konstrukt Familie ins Wanken. Die Zusammenkunft der Familienmitglieder anlässlich einer Geburt wird überschattet: einer fehlt. Es ist Romain, der älteste Sohn und Bruder. Als Jugendlicher driftete er aus der Familienidylle ab und lebt inzwischen auf der Strasse. Mit Lügengespinsten und immer wieder enttäuschten Hoffnungen hält er alle gefangen im Strudel ihrer Gefühle. Jahrelanges Schweigen und Ungesagtes bahnen sich ihren Weg. Wut, Trauer, Zuneigung und Sorge verbinden die Figuren, die uns die Autorin mit grossem Einfühlungsvermögen und sprachlicher Brillanz nahebringt, eine wie die andere.
Montag, 13.9.2021
«Die Annonce» von Marie-Hélène Lafon führt zwei Menschen zusammen: Den Bauern Paul, der in der bergigen Auvergne den familieneigenen Hof betreibt. Und Annette, die in einer tristen Industriestadt am anderen Ende Frankreichs lebt und gerade eine gescheiterte Beziehung mit einem straffälligen Alkoholiker hinter sich hat. Einen Vater im Gefängnis möchte sie ihrem elfjährigen Sohn Éric nicht auch noch zumuten; sie reißt deshalb die Annonce aus der Zeitung aus, die Paul aufgegeben hat. Er möchte nicht wie seine beiden Onkel als Junggeselle enden. Mit der Ankunft von Annette und Éric geraten allerdings festgefügte Konstellationen aus dem Gleichgewicht. Gespannt verfolgen wir den Weg dieses ungewöhnlichen Paars und seiner ebenso ungewöhnlichen Geschichte – deren Ausgang offen bleibt.
Montag, 11.10.2021
Judith Hermann erzählt in «Daheim» von einer Frau, die vieles hinter sich lässt und an der Küste im Norden ein neues Leben versucht. So behaglich wie der Buchtitel verspricht, wird es in diesem neuen Daheim aber nicht. Die Protagonistin, ehemalige Arbeiterin in einer Zigarettenfabrik, bewegt sich auf einem ebenso prekären Lebensgrund wie die anderen Figuren des Romans, Fischer, Bauern, ein Liebhaber, Personen aus dem Varieté und Otis, der geschiedene Mann der Erzählerin. Der Autorin gelingt es, alle Schicksale gekonnt zu verknüpfen und die verschiedenen Motive – Anziehung und Ablehnung, Sehnsucht und Erinnerung und vieles mehr – zu einer Geschichte mit fortwährender Suche zu gestalten.
Montag, 15.11.2021
Anne Weber lernt die Heldin ihres neusten Buches «Annette, ein Heldinnenepos» persönlich kennen. Die Lebensgeschichte der Französin Anne Beaumanoir scheint zunächst in bürgerlichen Bahnen zu verlaufen: Medizinstudium, Heirat, Kinder. Doch mit Beginn des Algerienkriegs fühlt sie sich erneut – mit 19 Jahren hatte sie zwei jüdischen Jugendlichen das Leben gerettet – zur «Résistance» aufgerufen. In ihrem Handeln spiegeln sich gleichermassen Mut und Entschlossenheit im politischen Widerstand wie grosse seelische Konflikte. Anne Weber hat die Sprache und Form gefunden, um dieser Heldin gerecht zu werden. Wir lesen keinen Roman, sondern vielmehr eine beeindruckende Lebensgeschichte.