#Rudolf Bussmann #Lesezirkel und Kurse #2022 #Oktober #Literaturhaus Basel

Montag, 17. Okt. 22, 19:00 Uhr

Literaturhaus Basel

Kursdaten: Montag, 17.10./7.11./28.11./12.12.2022, jeweils 19-21 Uhr

Es liegt im Wesen des Romans, dass darin Figuren, Plots und Ereignisse auftauchen, die ganz oder teilweise undurchschaubar bleiben. Geheimnisse dienen nicht nur der Spannung und dem Spiel mit der Realität, ihn ihnen verbergen sich auch Wahrheiten, die sich der Logik und der Formulierbarkeit entziehen. Der vom Schriftsteller Rudolf Bussmann geleitete Lesezirkel beschäftigt sich dieses Jahr mit Büchern, in denen ein Geheimnis zur treibenden Kraft wird – ein Geheimnis, das nicht aufgelöst, aber doch befragt werden will und dabei einiges von dem verrät, was in ihm steckt.

Der Roman Blaue Frau von Antje Rávik Strubel benennt im Titel eine Gestalt, welche die Entstehung des Buches immer wieder kommentiert und bei heiklen, die Darstellung betreffenden Fragen auftaucht, um gleich wieder im Nichts zu verschwinden. – Im Gegensatz dazu wartet die Basler Autorin Ariane Koch in ihrem Debutroman Die Aufdrängung mit einer Figur auf, die zwar praktisch die ganze Zeit anwesend ist, jedoch unfassbar bleibt. Sie lässt Ich-Erzählerin wie Lesende bis am Schluss im Ungewissen über ihre Herkunft, ihr Geschlecht, ihre Absichten. – Die Protagonisten in Hervé le Telliers Roman Die Anomalie teilen sich von einem gewissen Tag an in zwei identische Personen und existieren fortan doppelt. Ein Stab von Wissenschaftlern und Beratern versucht dem Unerklärlichen auf die Spur zu kommen. – Marie-Hélène Lafont schliesslich bringt das Kunststück fertig, in Geschichte des Sohnes die Geheimnisse einer Familie, deren Schicksal sie über mehrere Generationen verfolgt, ebenso im Dunkeln zu lassen wie stückweise zu lüften.

Diese Bücher, Neuerscheinungen aus den Jahren 2021 und 2022, werden an vier Abenden besprochen. Ausgangspunkt des Gesprächs bilden die Leseerlebnisse der Kursbesucher:innen. Die gemeinsame Diskussion will die individuelle Lektüre vertiefen, auftauchende Fragen klären und verschiedene Lesarten miteinander vergleichen. Die Aufmerksamkeit gilt neben dem Inhalt auch der literarischen Form und der sprachlichen Gestalt der Werke. Die Bücher sollten von den Teilnehmer:innen auf das jeweilige Datum hin gelesen sein.


Werke und Daten ihrer Besprechung:

Antje Rávik Strubel: Blaue Frau (Montag, 17. Oktober 2022)
Der Roman erzählt die Geschichte von Adina, die als Heranwachsende aus ihrem beengenden Alltag auf einem tschechischen Dorf ausbricht. In Deutschland wird sie Opfer eines Missbrauchs und sucht später in Finnland ihren Peiniger vor Gericht zu bringen. Wie erzählt man eine derart tabu- und schambesetzte Geschichte? In Gesprächen mit der feenartigen Blauen Frau findet die Erzählerin eine Erzählhaltung aus Direktheit, Respekt und Witz.
(S. Fischer 2021, 430 Seiten)

Ariane Koch: Die Aufdrängung (Montag, 7. November 2022)
Die Aufdrängung ist ein Kammerspiel mit zwei Personen. Einer jungen Frau ist ihr Haus zu gross, sie nimmt einen Gast auf, den sie nicht kennt. Die beiden drehen sich in einem Wirbel aus Anziehung und Distanzierung, Hass und Liebe, Machtanspruch und Auslieferung umeinander und versuchen, der Eigenart ihrer ungewöhnlichen, in keine Kategorien passenden Beziehung auf den Grund zu kommen.
(edition suhrkamp 2021, 180 Seiten)

Hervé le Tellier: Die Anomalie (Montag, 28. November 2022)
Die Passagiere eines Linienflugs Paris–New York müssen nach ihrer Landung mit der merkwürdigen Tatsache fertig werden, dass sie diese Strecke schon einmal geflogen sind und von jetzt an zweifach existieren. Die Begegnung mit ihrem Doppelgänger konfrontiert sie mit ihrer eigenen Geschichte, ihren ungelösten Problemen, ihren unerfüllten Wünschen. Astrophysiker und Zufallstheoretiker rätseln derweil über die Gründe des Unerklärlichen.
(Rowohlt 2021, 345 Seiten)

Marie-Hélène Lafont: Geschichte des Sohnes (Montag, 12. Dezember 2022)
In der Familiengeschichte, die Marie-Hélène Lafont nachzeichnet, stecken tabuisierte Geschehnisse fest, die erst nach Generationen benennbar werden. Mit geduldiger Hand löst die Erzählerin die ländlich-südfranzösische Verschlossenheit nach und nach auf, indem sie den Charme und die Unbefangenheit einer Verwandten ins Spiel bringt, die sich in Paris einen urbanen Lebensstil angeeignet und einen freieren Blick auf die Vergangenheit hat.
(Rotpunkt 2022, 152 Seiten)

Anmeldung: direkt über das Anmeldeformular oder über info@literaturhaus-basel.ch oder +41 (0)61 261 29 50 / Kursleitung: Rudolf Bussmann (Autor) / Kosten: CHF 160/120 (Mitglieder LiteraturBasel*) Anmeldeschluss: Sonntag, 18. September 2022.