Mittwoch, 27. Mai. 20, 12:08 Uhr
Literaturhaus BaselKamen wir in den letzten Wochen abends etwas später nach Hause, lag im ersten Stock links, also der Wohnung schräg unter uns, stets irgendeine Kleinigkeit auf dem Abtreter, meistens in Geschenkpapier verpackt. Unschwer war zu erraten, ob es Bücher, CDs oder DVDs waren. Dann wieder lehnte ein Schokoladenosterhase an der Tür oder stand ein Körbchen mit Erdbeeren da. In die Wohnung war Ende Februar Frau L. eingezogen, die ich auf Mitte dreissig, J. auf Anfang vierzig schätzte. Ein selbstklebender gelber Zettel verdeckte das alte Klingelschild. Frau L. hatte sich, als wir einander im Treppenhaus zum ersten Mal begegnet waren, umgehend vorgestellt. Sie sei aber nicht die neue Mieterin der Wohnung – im ersten Stock waren die Wohnungen nicht geteilt, also über zweihundert Quadratmeter gross. Sie dürfe nur so lange bleiben, bis sich ein Käufer für die Wohnung gefunden habe. Das Wohnrecht verdiene sie sich, indem sie Kaufinteressenten empfange und herumführe, die Eigentümer wollten die Maklergebühr sparen.